Freizügigkeitsabkommen

Abkommen zwischen der Schweiz und der EU

Das Freizügigkeitsabkommen stellt die zentrale rechtliche Grundlage für Ihren Weg in die Schweiz dar. Daher sollten Sie mit dessen wichtigsten inhaltlichen Themen und den durch das Abkommen entstehenden momentanen und zukünftigen Veränderungen vertraut sein.

Ziele und Inhalte des Abkommens

Der freie Personenverkehr zwischen der Schweiz und der EU wird mit dem Freizügigkeitsabkommen geregelt. Anhand von Übergangsfristen und Zuwanderungsbeschränkungen (z.B. durch Inländervorrang, Kontingente oder Sicherheitsklauseln) wird der schweizerische Arbeitsmarkt schrittweise geöffnet. Sowohl Arbeitnehmer als auch Selbstständige erhalten damit das Recht, in der Schweiz eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen und sich niederzulassen. Begleitet wird diese Öffnung von einer gegenseitigen Anerkennung berufsqualifizierenderAbschlüsse sowie durch eine Anpassung der nationalen Sozialsysteme. Auch Nichterwerbstätige können ein Recht auf Aufenthalt in der Schweiz erhalten– sofern sie krankenversichert sind und ausreichende finanzielle Mittel nachweisen.

Das Freizügigkeitsabkommen ist am 1. Juni 2002 in der Schweiz zu geltendem Recht geworden. Zum Schutz der schweizerischen Arbeitnehmer vor Lohndumping traten im Mai 2004 zusätzlich flankierende Maßnahmen in Kraft, welche auf alle Arbeitnehmer aus den Vertragsstaaten, also auch Deutschland, angewendet werden – in Zukunft auch auf Arbeitnehmer aus den neuen EU-Mitgliedstaaten Osteuropas.

Über die grundsätzliche Weiterführung des Freizügigkeitsabkommens, die sich die Schweiz offen gehalten hat, muss das Land bis Mai 2009 entschieden haben. Im Rahmen einer positiven Entscheidung behält sich das Land in einer „Schutzklausel“ vor, bis 2014 temporär im Fall einer übermäßigen Einwanderung wieder Kontingente einzuführen.

Für die im Mai 2004 der EU beigetretenen zehn neuen Mitgliedstaaten Osteuropas haben sich die Schweiz und die EU auf separate Übergangsregelungen geeinigt. Die Schweiz erhält die Möglichkeit, bis längstens 2011 Arbeitsmarktbeschränkungen, auch hier z.B. in Form von Inländervorrang oder Lohnkontrolle, weiterzuführen und gewährt in diesem Zeitraum jährlich zunehmende Kontingente für Kurz- und Daueraufenthalter.

Die Schweizer haben am 25. September 2005 in einem Volksentscheid die Ausdehnung des Personenfreizügigkeitsabkommens und die Durchführung der flankierenden Maßnahmen mit 56 % der Stimmen angenommen. Das zwischen Schweiz und Europäischer Union beschlossene Protokoll konnte somit zusammen mit der Verschärfung der flankierenden Maßnahmen Anfang 2006 in Kraft treten.

Erste Erfahrungen der Schweiz mit dem Freizügigkeitsabkommen zeigen eine erwartungsgemäß starke Inanspruchnahme der zur Verfügung stehenden Kontingente. Die Zahl von jährlich höchstens 15.000 Daueraufenthaltern aus der EU wurde in den ersten beiden Jahren komplett ausgeschöpft. Aktuell scheint sich die Nachfrage jedoch leicht abzuschwächen. Nicht ganz ausgeschöpft wurden die jährlichen Kontingente von 115.500 Bewilligungen für Kurzaufenthalter.

Die wichtigsten Punkte des FZA:

Der Zugang zu Ausbildungsstätten (z.B. Hochschulen) wird durch das FZA nicht geregelt. Die Universitäten in der Schweiz können weiterhin eigene Regeln für eine Zulassung zur Aufnahme eines Studiums festlegen.

Geregelter Zugang zum Arbeitsmarkt

Die Öffnung des schweizerischen Arbeitsmarktes geschieht zwischen den Jahren 2002 und 2014 schrittweise und kontrolliert. Im Einzelnen sehen die Schritte wie folgt aus:

Erster und zweiter Schritt (2002 bzw. 2004 eingeführte Regelungen):

Dritter Schritt (ab dem 1. Juni 2007 vorgesehene Regelungen)

Vierter Schritt (muss bis 31. Mai 2009 erfolgen)

Das Schweizer Parlament muss bis spätestens zu diesem Datum der EU mitteilen, ob das Freizügigkeitsabkommen weitergeführt werden soll.

Fünfter Schritt (ab dem 1. Juni 2014)

Das Freizügigkeitsabkommen erlaubt den Übergang zum völlig freien Personenverkehr.

Anerkennung von Berufsdiplomen in der Schweiz

Das Freizügigkeitsabkommen regelt auch den Rechtsanspruch auf gegenseitige Anerkennung von berufsqualifizierenden Abschlüssen (in der Schweiz allgemein „Diplome“ genannt). In einem der Vertragsstaaten ordentlich erworbene Diplome müssen die schweizerischen Behörden anerkennen, wenn sie die im Abkommen definierten Minimalstandards erfüllen. Voraussetzung ist dabei eine Vergleichbarkeit der Ausbildungen. Im Falle wesentlicher Unterschiede ist die Schweiz verpflichtet, Ergänzungsprüfungen oder Anpassungslehrgänge anzubieten. Die gegenseitige Anerkennung von Diplomen gilt nur für Berufe, deren Ausübung in einem Land vom Besitz eines Diploms abhängig gemacht wird.

Für die folgenden als „reglementiert“ bezeichneten Berufe gilt eine automatische Anerkennung von Abschlüssen ohne weiteren Vergleich der Ausbildungsinhalte: Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Pflegepersonal in allgemeiner Pflege, Hebammen und Architekten. Für andere Berufe findet jeweils eine Gleichwertigkeitsprüfung durch schweizerische Behörden statt.

Will also ein deutscher Arzt in der Schweiz arbeiten, wird von der Schweiz lediglich überprüft, ob er einen entsprechenden medizinischen Abschluss besitzt. Will allerdings ein deutscher Ingenieur das Gleiche tun, so wird sein Diplom mit den schweizerischen Anforderungen verglichen und erst danach über eine Anerkennung entschieden.

Koordinierung der nationalen Systeme der sozialen Sicherheit

Die Sozialversicherungssysteme der Schweiz werden zwar den Systemen der EU-Staaten nicht angeglichen, jedoch gibt es Koordinationsmaßnahmen, damit niemand Versicherungsansprüche verliert, wenn er in der Schweiz arbeitet oder sich dort niederlässt.

Im Folgenden finden Sie die wichtigen Fakten zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung dargestellt.

Arbeitslosenversicherung

Zur Koordination der Arbeitslosenversicherungssysteme sind folgende Grundregeln definiert worden:

Krankenversicherung

Wer in der Schweiz erwerbstätig ist und dort seinen Wohnsitz nimmt, ist zur Mitgliedschaft in der schweizerischen Krankenversicherung verpflichtet.

Bei Arbeitsort in der Schweiz und Wohnsitz in der EU: Vor Einführung des Freizügigkeitsabkommens waren nur Personen mit Wohnsitz in der Schweiz in der schweizerischen Krankenversicherung versicherungspflichtig. Nun sind durch das Abkommen grundsätzlich auch solche EU-Staatsangehörige versicherungspflichtig, die zwar im EU-Raum wohnen, aber in der Schweiz erwerbstätig sind. Diese Versicherungspflicht erstreckt sich auch auf nicht erwerbstätige Familienangehörige (z.B. auf die Familienangehörigen von Kurzaufenthaltern).

Ausnahmen gelten für Personen, die in bestimmten EG-Staaten wohnen. Detailinformationen dazu sind auf der Webseite des schweizerischen Bundesamts für Sozialversicherung unter www.soziale-sicherheit-ch-eu.ch  zu finden.

Versicherte mit Wohnsitz im Ausland erhalten grundsätzlich die Krankenpflegeleistungen des Wohnlandes. Die Ärzte und Krankenhäuser des Wohnlandes behandeln also die betreffenden Patienten, als wären diese dort versichert. Die Kosten werden dann durch die schweizerische Krankenkasse übernommen abzüglich einer in der Schweiz üblichen Selbstbeteiligung. In bestimmten Fällen, z.B. für Grenzgänger oder während eines Ferienaufenthalts, können auch in der Schweiz erbrachte Leistungen anfallen.

Bei Arbeitsort in der EU und Wohnsitz in der Schweiz: In einem EU-Staat erwerbstätige, aber in der Schweiz wohnhafte Staatsangehörige von EU-Staaten sind der betreffenden Versicherung im Land der Erwerbstätigkeit unterstellt. Dies schließt auch ihre nicht erwerbstätigen Familienangehörigen ein. Gleiches gilt auch für Bezieher von ausländischen Renten und deren nicht erwerbstätige Familienangehörige. Im Erkrankungsfall werden sie in der Schweiz wie eine inländisch versicherte Person behandelt. Die Kosten trägt aber die ausländische Versicherung.

Bei Erkrankungen in den Ferien oder sonstigen Aufenthalten: Erkrankt jemand, der in der Schweiz wohnt und versichert ist, während eines Aufenthaltes in einem EU-Staat, z.B. im Urlaub, wird er dort wie eine in diesem Land versicherte Person behandelt. Die Kosten werden durch die schweizerische Krankenkasse getragen. Das gilt auch bei Unfällen. Umgekehrt wird, wer in einem EU-Staat versichert ist und wohnt, aber während eines Aufenthalts in der Schweiz erkrankt, von schweizerischen Ärzten und Krankenhäusern auf Kosten der ausländischen Versicherung behandelt.

Zusammenfassend kann man sagen, dass grundsätzlich Krankenkassenbeiträge in dem Land bezahlt werden, in dem der Arbeitsort ist. Wer also in der Schweiz eine Arbeit aufnimmt, muss sich dort krankenversichern. Als Leitprinzip gilt die Regel, dass die Versicherung am Arbeitsort und die Leistungserbringung im Wohnland erfolgt.

Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung

Für die so genannte AHV-IV besteht grundsätzlich eine Versicherungspflicht im Land der Erwerbstätigkeit. In vielen Staaten wird nur dann eine Rente gewährt, wenn man eine Mindestanzahl von Jahren dort versichert war. Durch das Freizügigkeitsabkommen wird auch hier das Prinzip der Totalisierung eingeführt, d.h. auf die Mindestversicherungszeit eines EU-Staats werden alle Versicherungszeiten in der schweizerischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (und auch der aus anderen EU-Staaten) angerechnet. War jemand in zwei oder mehr Staaten versichert, erhält er von den einzelnen Staaten eine Teilrente gemäß dem so genannten Pro-Rata-System. Dabei wird der Anteil berechnet entsprechend der Beitragszeit, die in diesem Staat erlangt wurde, unter der Voraussetzung, dass mindestens ein Jahr lang Beiträge bezahlt wurden. Der Beginn der Altersrentenzahlung hängt vom Rentenalter im jeweiligen Land ab. Weitere Informationen finden sich auf der Webseite der schweizerischen AHV-IV unter www.avs.admin.ch .

Berufliche Vorsorge

Während einer Übergangsfrist bis zum 31. Mai 2007 wird bei definitivem Verlassen der Schweiz auf Wunsch die Austrittsleistung der schweizerischen beruflichen Mindestvorsorge bar ausbezahlt. Nach diesem Datum ist dies nicht mehr möglich, wenn eine Person nach Verlassen der Schweiz in einem EU-Staat versicherungspflichtig wird. Die Beiträge zur beruflichen Vorsorge erzeugen aber im Versicherungsfall Anspruch auf eine Rente.

Aufenthaltsrecht für Nichterwerbstätige

Personengruppen, die auch im jeweiligen Heimatland nicht erwerbstätig sind, wie z.B. Rentner und Studierende, haben grundsätzlich das Recht auf Einreise in die Schweiz zum Zwecke eines Aufenthalts. Sie müssen aber dazu eine Krankenversicherung nachweisen. Zudem müssen sie über ausreichend finanzielle Mittel verfügen, damit eine Nichtbeanspruchung von Sozialhilfe sichergestellt ist. Besondere Übergangsfristen sieht das Abkommen für diese Personengruppen nicht vor.

Immobilienerwerb

Der Erwerb von Immobilien ist je nach Personengruppe unterschiedlich geregelt:

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