Wenn Sie in Frankreich eine Immobilie kaufen möchten oder bereits besitzen und diese später vererben wollen, sind Sie wahrscheinlich daran interessiert, wie das französische Erbrecht geregelt ist.
Vorweg ist noch Folgendes zu sagen: Haben die Ehegatten oder einer der Ehegatten jemals in Deutschland ein Testament errichtet und kommt es nach Erwerb einer Immobilie in Frankreich zum Erbfall, dann brauchen Sie dem französischen Gericht kein deutsches Testament vorzulegen. Das ist in Frankreich null und nichtig.
Denn in Frankreich gilt, logisch, das französische Erbrecht, und das besagt Folgendes: Der angeheiratete Ehegatte ist der große Verlierer bei der Erbfolge. Er ist mehr oder weniger ein Fremder in der Familie des Erblassers, da keinerlei verwandschaftliche Bindungen zur Familie des Erblassers bestehen. Das bedeutet, dass der Ehegatte kein oder sagen wir besser: fast kein Erbe nach französischem Recht ist.
Damit der Ehegatte im Sinne des deutschen Rechts erben könnte, dürften weder Kinder, Kindeskinder, Adoptivkinder, Eltern, Großeltern, Urgroßeltern, Brüder, Schwestern, Cousins, Cousinen, Nichten oder Neffen vorhanden sein.
Der einfachste Fall soll Ihnen deutlich machen, wo es im französischen Erbrecht „langgeht“: Im aufgeführten Fall gehörte die Immobilie dem verstorbenen Ehemann allein. Es waren drei gemeinsame Kinder vorhanden. Nach dem ab 01.01.2007 gültigen Erbrecht wird wie folgt geerbt. Unterstellt wird, dass ein überlebender Ehegatte vorhanden ist.
Mit der Änderung des Erbrechts ab dem 01.01.2007 ist der bislang bestehende Pflichtteilsanspruch der Eltern entfallen!
Was heißt denn das nun – zum Nießbrauch, oder wie der Franzose zu sagen pflegt: Usufruit? Usufruit – der „Gebrauch der Früchte“. Also klären wir nun wichtige Bergriffe des Erbrechts. Denn der französische Rechtsbegriff „Eigentum“ unterscheidet sich ganz wesentlich vom deutschen Pendant. Im französischen Erbrecht müssen Sie sich immer wieder mit folgenden drei wichtigen Begriffen herumschlagen, die, wenn Sie sie übersetzen, immer noch nicht verständlich sind:
Und nun die Erklärungen: Pleine-propriété bedeutet, dass einem alles gehört. Es ist die Addition oder Vereinigung der Rechte unter 2 und 3. Das Eigentum kann verkauft, vermietet oder belastet werden. Es braucht auf niemanden Rücksicht genommen zu werden.
Nue-propriété bezeichnet das „nackte Eigentum“ und bedeutet, dass noch andere Rechte von anderen Personen vorhanden sind, z. B. ein Usufruit. Usufruit beinhaltet den Nießbrauch der Immobilie im Ganzen oder auch in Teilen. Das bedeutet, dass die Person, die dieses Recht besitzt, die Immobilie bewohnen oder vermieten kann, die Früchte der Obstbäume oder die Trauben des Weinbergs ernten kann.
Für den Unterhalt, Grosses réparations, der Immobilie sind grundsätzlich die Eigentümer der beiden anderen Rechte zuständig. Kleinere Unterhaltungsarbeiten sind durch den Usufruitier durchzuführen und auch zu bezahlen. Wer nur Nue-propriétaire ist, kann die Immobilie nur mit Zustimmung des Usufruitier verkaufen. Der Usufruitier muss die Aufgabe oder den Rücktritt seines Rechts notariell erklären.
Eine andere Möglichkeit, sich von diesem Usufruit zu befreien – und das sollten Sie als Käufer auf jeden Fall verlangen –, besteht darin, den Usufruit zu kapitalisieren und als Leibrente zur Verfügung zu stellen. Dieser Betrag, der mit zunehmendem Alter des Usufruitier immer geringer wird, ist natürlich zusätzlich zum Kaufpreis zu kalkulieren.
Werden Sie hellwach, wenn Sie im Grundbuch den Begriff des Usufruit entdecken. Nicht dass Sie, weil Sie beim Notar nichts verstanden haben, plötzlich die Oma „mitgekauft“ haben.
Damit Sie besser verstehen, was im Erbfall passiert, finden Sie nachstehend die Erbfolge, die das französischen Recht vorsieht. Der Gedanke dabei ist, dass so wenig Vermögen wie nur möglich der Familie (im weitesten Sinne) des Erblassers entzogen wird.
Erblasser
Überlegen Sie einmal, was passiert, wenn keine Kinder oder Kindeskinder da sind, und ob das so gewollt ist. Ein Beispiel soll Ihnen deutlich machen, was passiert, wenn der Ehemann verstirbt und z. B. drei Kinder vorhanden sind. Das Beispiel bezieht sich nur auf das Immobilienvermögen; anderes Vermögen soll hier nicht betrachtet werden.
Die Witwe erbt nach Wahl:
Achtung: Die Witwe kann von den Miterben gezwungen werden, sich innerhalb von drei Monaten zu entscheiden. Trifft sie keine Entscheidung, erhält sie automatisch den Usufruit. Und die Witwe hat nichts, was sie z. B. im Notfall zu Geld machen könnte. Und wenn ein Kind im dargestellten Beispiel sich noch „querlegt“, weil es sich monatelang weder zur Annahme noch zur Ausschlagung des Erbes äußert, ist alles blockiert.
In Frankreich hat ein Erbe seit dem 01.01.2007 10 Jahre Zeit (bis dahin 30 Jahre!), Sie lesen richtig, das Erbe anzunehmen oder auszuschlagen. Allerdings sieht das neue Erbrecht auch Möglichkeiten vor, einen Erben, der sich nicht erklären will, zu zwingen, die Annahme oder Ablehnung des Erbes zu erklären.
Aber glauben Sie bitte nicht, dass Sie mit diesem „Trick“ den Fiskus oder eine Bank, die ihre monatlichen Raten erwartet, 30 Jahre hinhalten können. Sie haben schneller als Sie denken können eine Hypothèque judiciaire im Grundbuch stehen. Damit steht die Zwangsversteigerung schon vor der Tür.
Apropos Fiskus: Alle im Erbfall Begünstigten sind verpflichtet, ganz gleich ob Sie in Frankreich leben oder nicht, beim französischen Wohnsitzfinanzamt des Erblassers eine Steuererklärung abzugeben. Dies muss innerhalb von sechs Monaten nach dem Tode des Erblasser geschehen und betrifft sowohl das bewegliche Vermögen (Mobiliers) als auch das unbewegliche Vermögen (Immobiliers). Der Fiskus verzichtet auf diese Steuerklärung, wenn es sich um Abkömmlinge in direkter Linie und den überlebenden Ehegatten handelt und der Nachlass den Wert von 50.000 Euro nicht übersteigt (Stand 01.01.2006). Es dürfen z. B. aber keine Schenkungen vorausgegangen sein.
Achtung: Wird die Erklärung („Unwissen schützt vor Strafe nicht“) nicht im vorgesehenen Zeitraum abgegeben, setzt der Fiskus sofort Zuschläge auf die zu erwartende Steuerschuld fest. Diese beginnen bei 0,75% und steigen sehr schnell auf 80 %!
Und noch etwas, was schon manches in Frankreich ererbte Vermögen rapide schrumpfen ließ: Leben Erben in Deutschland und handelt es sich um größere oder große Vermögen, die vererbt werden, kassiert neben dem französischen auch der deutsche Fiskus mit. Es gibt bzgl. der Erbschaftsteuer kein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Frankreich und Deutschland.
Fazit: Wenn Sie sich in Frankreich eine Immobilie zulegen wollen, dann reden Sie mit Ihrem französischen Notar auch über die erbrechtlichen Aspekte. Hier wird noch einmal deutlich, wie wichtig ein deutschsprachiger Notar ist. Auch fiskalisch müssen Sie wieder weitestgehend mit der Erkenntnis leben: Andere Länder, andere Sitten.
Dieser Artikel ist ein Auszug aus Immobilienerwerb in Frankreich. Klicken Sie hier, um ein Exemplar zu bestellen.